Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom unpassenden Termin

Das Telefon klingelt.
"Ja, hallo, hier ist Max Mustermann."
"Oh, hallo Herr Mustermann, was kann ich denn für sie tun?"
"Ja, also...", druckst Herr Mustermann ein wenig herum, "Ich habe da ein Problem.".
Ich schmunzle. "Ich kann ihnen sicher helfen es zu lösen.", ermutige ich ihn.
"Öhm...", sagt er nachdenklich, "Das wird wohl eher schwierig.".


"Worum geht es denn?", frage ich und versuche, meine Stimme aufmunternd klingen zu lassen.
"Errr... Es geht um das Vorstellungsgespräch, das ich nächste Woche bei ihnen habe. Mir ist da gestern etwas dazwischen gekommen...", sagt Herr Mustermann zögernd.
"Das ist kein Problem.", schiebe ich freundlich ein, "Dann verschieben wir unseren Termin etwas.".
"Nun ja...", Herrn Mustermanns Stimme wird ganz dunkel, "Auch das ist nicht so einfach..."
"Aha?", frage ich interessiert.
"Sehen sie...", wendet Herr Mustermann seufzend ein, "Mir ist da gestern w-i-r-k-l-i-c-h etwas dazwischen gekommen."
"Okay...?", nunmehr bin ich doch etwas verunsichert und man hört es mir an. "Ja, aber was denn?", frage ich verwirrt.
"Die JVA. Da sitze ich seit gestern.".
Ich verschlucke mich fast.
"Da müssten wir das Gespräch schon etwas... viel mehr nach hinten schieben.", fügt er leise hinzu.

Und ich? Ich muss ehrlich lächeln. Dass Bewerber die Vorstellungsgespräche zusagen, es aber nicht für nötig erachten, sie wieder abzusagen, passiert häufig. Daraus besteht mein Alltag. Und deshalb berührt mich dieser Anruf. Was auch immer der Grund dafür sein mag, dass Max Mustermann derzeit ein Bewohner der JVA ist.

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