Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Klang der Liebe



„Schon von weitem hörte man dieses Geräusch, das nur sehr große Städte hervorbringen können, einen Ton, der aus allen Tönen zugleich besteht (...) – ein grandioses Rauschen, vom Leben selbst erzeugt.“ 

(Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär)

Als ich wieder aufwache, bin ich völlig verwirrt. Kalte Luft schwappt in das Zimmer, vorbei am Vorhang, der sich leise im Wind wiegt und streichelt mir über das Gesicht. Der Regen trommelt auf das Fensterbrett. Wie lange habe ich geschlafen? Wüsste ich es nicht besser, würde ich glauben, als Dornröschen wieder erwacht zu sein. 

Ich strecke unter meiner warmen Bettdecke Arme und Beine von mir. Wackle vorsichtig mit den Zehen. Und den Fingern. Und gähne herzhaft. Es ist mir nicht möglich, mich daran zu erinnern, wann ich mich das letzte Mal so ausgeschlafen und entspannt gefühlt habe. Hm. Ich will die Augen gar nicht öffnen. Noch nicht. Nur noch ein Minütchen. Und noch eins. Und noch eins. Das hier ist so schön.

Später tappe ich barfuß in die Küche. Ich öffne das Fenster. Auf der anderen Seite des Hauses regnet es auch Bindfäden. Komisch, diese Welt. Ich muss ein bisschen lächeln, als ich aus dem Fenster sehe. Ich kann die Nachbarsjungen hören, wie sie sich gegenseitig ärgern. Sie haben in der letzten Nacht im Garten gezeltet und bis spät in die Nacht miteinander geflüstert. Schön ist es, dass der Regen sie nicht schreckt.

Während die Kaffeemaschine sanft vor sich hinknarzt und das Brötchen im Ofen langsam an Farbe gewinnt, zünde ich mir eine Kerze an und lese ein paar Seiten in meinem Buch. Ich stolpere über den Satz: „So klingt Liebe.“ Nachdenklich lege ich den Kopf schräg, schließe die Augen für einen Moment und lausche auf die Geräusche dieses leisen Vormittags. Die Schritte der alten Dame, die über mir wohnt, erinnern mich daran, dass die Welt noch in Ordnung ist. Daran, dass ich da bin und irgendwie mittendrin, obwohl ich allein bin. Ein paar Vögel zwitschern. Der Regen ergießt sich aus der Regenrinne in die Auffangtonne und der Wind fegt durch den Innenhof. Klingt so Liebe?
Der Geruch von warmen Brötchen und frischem Kaffee legt sich über die Küche.

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