„Schon von weitem hörte man dieses Geräusch, das nur sehr große Städte hervorbringen können, einen Ton, der aus allen Tönen zugleich besteht (...) – ein grandioses Rauschen, vom Leben selbst erzeugt.“
(Walter Moers: Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär)
Als ich wieder aufwache, bin ich völlig verwirrt. Kalte Luft schwappt in das Zimmer, vorbei am Vorhang, der sich leise im Wind wiegt und streichelt mir über das Gesicht. Der Regen trommelt auf das Fensterbrett. Wie lange habe ich geschlafen? Wüsste ich es nicht besser, würde ich glauben, als Dornröschen wieder erwacht zu sein.
Ich strecke unter meiner warmen Bettdecke Arme und Beine von mir. Wackle vorsichtig mit den Zehen. Und den Fingern. Und gähne herzhaft. Es ist mir nicht möglich, mich daran zu erinnern, wann ich mich das letzte Mal so ausgeschlafen und entspannt gefühlt habe. Hm. Ich will die Augen gar nicht öffnen. Noch nicht. Nur noch ein Minütchen. Und noch eins. Und noch eins. Das hier ist so schön.
Später tappe ich barfuß in die Küche. Ich öffne das Fenster. Auf der anderen Seite des Hauses regnet es auch Bindfäden. Komisch, diese Welt. Ich muss ein bisschen lächeln, als ich aus dem Fenster sehe. Ich kann die Nachbarsjungen hören, wie sie sich gegenseitig ärgern. Sie haben in der letzten Nacht im Garten gezeltet und bis spät in die Nacht miteinander geflüstert. Schön ist es, dass der Regen sie nicht schreckt.
Während die Kaffeemaschine sanft vor sich hinknarzt und das Brötchen im Ofen langsam an Farbe gewinnt, zünde ich mir eine Kerze an und lese ein paar Seiten in meinem Buch. Ich stolpere über den Satz: „So klingt Liebe.“ Nachdenklich lege ich den Kopf schräg, schließe die Augen für einen Moment und lausche auf die Geräusche dieses leisen Vormittags. Die Schritte der alten Dame, die über mir wohnt, erinnern mich daran, dass die Welt noch in Ordnung ist. Daran, dass ich da bin und irgendwie mittendrin, obwohl ich allein bin. Ein paar Vögel zwitschern. Der Regen ergießt sich aus der Regenrinne in die Auffangtonne und der Wind fegt durch den Innenhof. Klingt so Liebe?
Der Geruch von warmen Brötchen und frischem Kaffee legt sich über die Küche.
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