Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Zukunfts-Muschelmädchen


Ich glaube, wenn ich 50 Jahre älter wäre, wäre ich eine wirklich gute Omi. Dann hätte ich schon weiße Haare und viele Falten, wäre ein bisschen klüger und würde mehr Schnaps trinken. Ich würde ganz viel Schokolade und Brathähnchen am Stück essen und mich bei allen anderen darüber beschweren, dass ich immer dicker werde. Dabei würde ich mehrfach betonen, dass ich eigentlich gar nichts esse. Einmal in der Woche würde ich zum pokern gehen. Aber nur, um zu gewinnen. Mit schummeln. Würde mich jemand erwischen, würde ich laut und beharrlich alles abstreiten und wäre anschließend für mindestens eine Woche tödlich beleidigt. Ab und zu würde ich einkaufen gehen, bewaffnet mit meinem Krückstock und ein bisschen Lebensweisheit. Außerdem würde ich auch dann einkaufen gehen, wenn ich nichts brauche: Nur um ein kleines Schwätzchen mit der Kassiererin zu halten. Und natürlich immer abends, wenn es voll wäre: Schließlich will ich etwas für mein Geld bekommen, ich will etwas zu gucken haben und was erleben. Abenteuerurlaub im Supermarkt. Damit ich hinterher ausführlich davon erzählen kann. Tratschen kann. Beim Kaffeekränzchen mit den anderen Alten. An allen anderen Tagen in der Woche, an denen mich Freunde, meine Kinder oder Enkelkinder nicht besuchen kämen, würde ich mich ans Fenster setzen und hinausschauen. Von oben würde ich jede Bewegung registrieren und mir eine Meinung bilden. Und niemand würde sich darüber wundern.

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