Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von seiner Beharrlichkeit

"Da ist etwas in Dir, was von erlesener Schönheit ist, und was zugleich permanent in sich verkantet ist, seit ich Dich kenne. Du stehst Dir mit Dir selbst beständig im Weg. Und ich glaube, Du verkantest Dich immer mehr, je älter Du wirst. [...] Trotzdem geht es nicht anders, und Du musst so sein, wie du bist."

(T. , 03.04.2018)

Ich bin ein bisschen fasziniert davon, dass es selbst dann noch möglich ist, meine Grenzen zu übertreten, wenn ich mich schon längst abgegrenzt habe. So schreibt mir T. noch immer und immer mal wieder. Von wütenden E-Mails über Alltagsbanalitäten bis hin zu Liebeserklärungen ist fast alles dabei. Obwohl ich seit Monaten schweige und einfach gar keine Reaktion mehr zeige. Ich habe sehr deutlich, deutlicher geht es nicht mehr, formuliert:
"Ich möchte keinen Kontakt zu dir und ich werde dir nicht verzeihen, was du getan hast. Vielleicht irgendwann einmal, aber nicht in absehbarer Zukunft. Lass mich in Ruhe und melde dich nie wieder bei mir."
Trotzdem scheinen meine Worte nicht bei ihm angekommen zu sein.

Mittlerweile gelingt es mir manchmal, wenigstens ab und zu, mich wieder daran zu erinnern, dass wir auch schöne Erlebnisse gemeinsam geteilt haben. Mit einem kleinengroßen Erstaunen habe ich mich vor kurzen daran erinnert, dass ich ihm zu jedem Abschied einen Kuss in die Handinnenfläche gegeben habe, während er meine Fingerspitzen geküsst hat. Zarte Erinnerungen sind das, die vor all den späteren Verletzungen irgendwann in den Hintergrund traten. Ich frage mich manchmal, was wohl geschehen wäre, wenn er mir einfach Regenerationsphasen gegeben hätte. Wenn er meine Grenzen, die ich so oft versucht habe zu verdeutlichen, respektiert, wenn er mir meine Freiheit, die ich so sehr liebe, gelassen und nicht krampfhaft versucht hätte, mich an sich zu ketten und zu irgendwelchen Verbindlichkeiten zu verpflichten, denen ich von jeher offenkundig distanziert gegenüberstand.

Heute glaube ich, dass es mir wahrscheinlich gelingen wird, irgendwann meinen Frieden mit dieser Geschichte, mit T., zu schließen. Aber das heißt nicht, dass ich mich irgendwann wieder auf ihn einlassen werde. Ich mag diesen einmaligen Zustand völligen, rückhaltlosen Vertrauens, den man hat, wenn man einen neuen Menschen in sein Leben hineinlässt. Diesen Zustand würden wir niemals wieder erreichen. Ich würde ihm immer misstrauen. Denn ich bin so richtig schlecht darin, es wegzustecken, wenn jemand mein Vertrauen missbraucht. Ich bin zutiefst loyal, habe einen langen Geduldsfaden und verzeihe sehr viel, wenn ich jemanden wirklich mag. Aber wenn es zu viel wird - und ich habe wieder und wieder darum gebeten, zu berücksichtigen, dass es zu viel wird - dann drehe ich mich irgendwann um und gehe. Mittlerweile glaube ich, dass ich immer zu spät gehe. Zu einem Zeitpunkt, zu dem alle anderen schon längst verschwunden sind. Aber wenigstens gehe ich zu diesem Zeitpunkt ohne an meiner Entscheidung zu zweifeln und bin vollkommen konsequent.


Ab und an komme ich nicht umhin, mich zu fragen, ob er verstanden hat, wer ich bin oder wie ich sein will, was mich ausmacht und mir wichtig ist. Im Nachgang kommt mir das nicht mehr so vor. Er ist mir fremd geworden. Oft empfinde ich ihn als selbstgerecht und fühle mich ungesehen. Und dann frage ich mich, ob er mich jemals verstanden hat. Vielleicht war es immer nur die Idee von mir, die er geliebt hat. Eine perfekte, fehlerlose Idee. Die mehr war, als ich es je sein werde. Dennoch glaube ich, irgendwo, ganz tief in mir, dass ich gut bin, wie ich bin. Mit all meinen lustigen Komplexen, verwirrenden Selbstzweifeln und dieser beständigen Angst vor Nähe. Jedenfalls möchte ich niemand anderes sein. Ich bin ganz gerne ich. Und ich glaube, dass das gut so ist.

Kommentare

  1. Ich denke auch, dass es gut so ist, wie Du bist.

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    1. Danke. Das von jemandem zu hören, der nicht ich ist, ist ein gutes Gefühl.

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  2. Es ist immer so eine Gratwanderung, eine Meinung, noch dazu ungefragt, abzugeben, wenn man die Protagonisten und die Geschichte nicht kennt. Ich kann mich trotzdem nicht davon abhalten. Deiner Beschreibung nach scheint T. selbstherrlich zu sein. Mit welchem Recht glaubt er, dich analysieren zu dürfen, insbesondere da er weiß, dass er dich verletzt hat. Er versucht noch immer, dich zu verletzen. Dieser Erfahrung bin ich damals nur beigekommen, weil ich den Absender für lange Zeit komplett blockiert habe, sowohl im mail als auch am Handy. Natürlich bist du gut, so wie du bist! Ein bisschen Selbstreflektion schadet nicht, aber Selbstzerfleischung, noch dazu aufgrund unqualifizierter Bemerkungen von Menschen, die in ihrer Eitelkeit gekränkt sind, gehört nicht dazu.

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    1. Ich danke dir.
      Fakt ist: Fehler wurden auf beiden Seiten gemacht. Ich bin bei weitem nicht fehlerlos. Deshalb ist der Post natürlich lediglich eine einseitige Beschreibung von mir. Sicher würde T. viele Dinge anders sehen und manchmal habe ich auch ein schlechtes Gewissen, wenn ich hier darüber schreibe. Auf der anderen Seite hilft mir das bei der Verarbeitung. Blockieren kann ich ihn irgendwie noch nicht. Das fühlt sich bisher noch nicht richtig an. Vermutlich weil ich einige Dinge für mich noch immer nicht verstanden habe. Ich glaube, dazu brauche ich einfach noch ein wenig Zeit.

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