Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von sinnlosen Gesprächen

Obwohl ich der ausgeglichenste Mensch der Welt bin, gibt es Sätze, die mich vollkommen unvermittelt rasend wütend machen. Allen voran der Satz "Ich bin so.", der häufig als Ausrede benutzt wird, um sich gegen jedwede Form von Selbxtreflexion und Weiterentwicklung zur Wehr zu setzen. Denn das wiederum würde ja Arbeit bedeuten, weil man sich dazu mit sich selbst auseinandersetzen müsste. Daran muss ich denken, als ich heute ein Gespräch mit meinem Chef führe.

"Die Geschäftsführung will, dass ich ein Führungskräfteseminar belege.", sagt der Chef. "Kannst du mal über den Kursinhalt gucken, Muschelmädchen?", bittet er mich, "Ich würde gerne wissen, ob du denkst, dass ich das nötig habe."
Ein wenig irritiert sehe ich von meiner Arbeit hoch.
"Ich denke nämlich, dass ich das alles schon kann.", stellt er fest.
"Und dann lese ich die Inhalte und sage Ihnen, dass ich denke, dass Ihnen die Fortbildung gut tun würde, damit sie im Anschluss sauer auf mich sind?", frage ich verwirrt, "Wollen sie das wirklich?!"
Er nickt.
Also lese ich den Flyer, den er mir in die Hand drückt. In der mehrtägigen Fortbildung soll erlernt werden, welche Führungsstile es gibt, was die Schlüsselfaktoren erfolgreicher Mitarbeiterführung sind und wie man führt, delegiert sowie motiviert.
Während ich querlese, steht mein Chef auf wippenden Zehenspitzen hinter mir. Ich bin alles andere als ein langsamer Leser, aber spätestens als er mich zum dritten Mal fragt, ob ich jetzt endlich fertig bin, spüre ich, wie wichtig ihm das Thema ist. Allerdings ist eines für mich ganz klar. Und dazu hätte ich den Kursinhalt nicht mal lesen müssen: Ja, bitte. Ich bin für die Fortbildung.
Aber wie verkaufe ich das als Mitarbeiterin meinem Vorgesetzten?
Und ist das wirklich meine Aufgabe?

"Öhm...", sage ich schließlich und lege das Papier zur Seite.
"Ja?", fragt er aufgeregt.
Ich atme tief durch. Suche die richtigen Worte.
"Also... Ich denke schon, dass einige Themenkomplexe aus diesem Kurs interessant sind.", sage ich.
"Darum geht es nicht.", kommt es prompt von seiner Seite, "Ich will wissen, ob du denkst, dass ich diesen Kurs brauche. Denn ich für meinen Teil denke, dass ich das alles weiß und eine gute Führungskraft bin."
Ich schüttle zaghaft den Kopf.
Vorsichtig suche ich nach Worten.
"Also einige Themenkomplexe davon finde ich sehr wichtig.", sage ich schließlich, "Vor allem die Bereiche ´Mitarbeitermotivation´ und ´Stimmungsbildung unter Mitarbeitern´."
"Warum?!", er sieht mich mit großen Augen an und es steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben, dass das nicht die Antwort war, die er von mir hören wollte.
"Ich habe das Gefühl, dass sie oft die Holzhammermethode verwenden.", versuche ich behutsam zu erklären, "Sie schimpfen und poltern, anstatt ein ruhiges Gespräch, in dem man sich miteinander auseinandersetzt, zuzulassen. Das motiviert das Team nicht. Und das komplette Team ist tagtäglich von ihren Stimmungen abhängig. Wenn sie mit schlechter Laune ins Büro kommen, dann passt sich das Team dieser Stimmung ausnahmslos an."
"Ja.", sagt er, "Wenn etwas nicht gut funktioniert, dann sage ich das eben auch."
"Sie poltern...", wage ich vorsichtig zu korrigieren.
"Ja. Richtig. Ich poltere, damit ihr merkt, dass es besser laufen muss.", erwidert er.
"Und sie poltern mit allen Mitarbeitern. Vollkommen unabhängig davon, wer was verbockt hat oder eben auch nicht."
"Das muss ich so machen. Damit alle anderen auch gleich wissen, dass hier nichts verbockt wird.", gibt er mit strenger Stimme zurück.
"Das sorgt aber nicht unbedingt für Motivation im Team. Weil ständig jemand für etwas angemeckert wird, womit er gar nichts zu tun hat... Genauso ist es auch, wenn sie mit schlechter Laune hierher kommen."
"Ja, ich weiß, dass ihr dann auch alle schlechte Laune bekommt. Aber das ist ja auch das, was ich will.", gibt er zu.
"Wie bitte?", frage ich verwirrt.
"Ich will, dass ihr dann auch schlechte Laune habt. Wenn ihr Scheiße gebaut habt und ich darunter leide, dann ist es nur fair, wenn ihr auch schlechte Laune bekommt.", sagt er.
"Niemand macht hier absichtlich Fehler.", stelle ich fest.
Er schweigt.
"Denken sie denn, dass sie etwas anders machen werden, nachdem sie an dieser Fortbildung teilgenommen haben? Dass sie etwas daraus mitnehmen und anwenden werden?", frage ich schließlich. Irgendwie habe ich nämlich das Gefühl, dass dieses Gespräch nichts bringt.
"Nein.", sagt er, "Denn ich brauche diese Fortbildung nicht."
Ich sehe ihm in die Augen.
"Wenn sie von vornherein beschließen, dass dieser Kurs ihnen nichts bringt und sich den Inhalten gegenüber verwehren, dann haben sie die Entscheidung, ob sie daran teilnehmen wollen oder nicht doch schon längst getroffen.", stelle ich sanft fest.
Er legt den Kopf schräg und überlegt.
Dann nickt er.
"Stimmt.", stellt er fest, "Also brauche ich diesen Kurs nicht. Das ist super. Dann haben wir wieder Geld gespart."

Das ist die Stelle, an der ich am liebsten meine Zähne in der Tischkante vergraben würde. Manche Gespräche sind einfach sinnlos und somit reine Zeitverschwendung.

Kommentare

  1. Das Gespräch war in gleich zweierlei Hinsicht nicht zielführend:
    Die Begründung steht in Absatz 2, Satz 1.

    Und wenn Die Geschäftsführung WILL,
    dann sind weder seine noch Deine Meinung relevant.^^
    Darauf hätte ich zu Beginn des Gesprächs hingewiesen.

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    1. Ich bin nicht sicher, ob die GF das genug will. Aber ich lasse mich überraschen. Wie so oft: Du hast recht...

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  2. Antworten
    1. Gibt auch gute Seiten. Ich erstatte ja nur einseitig Bericht. Liegt aber auch daran, dass es mir momentan schwerfällt, die guten Dinge zu sehen....

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  3. Er Chef, ihr nix.

    Damit wäre (leider) alles gesagt.

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    1. Und ich bin so schlecht darin, mir so etwas dauerhaft gefallen zu lassen... Verdammt.

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  4. Da wollte einer nur die Absolution erteilt bekommen ...
    Willkommen im Club :->

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