Von Otto

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Es ist kurz vor Weihnachten, als ich dein Angebot, mich in deine Wohnung zurückzuziehen, um etwas Ruhe zu finden, das erste Mal wahrnehme. Ich finde den Ersatzschlüssel dort, wo du es mir gesagt hast, und öffne deine Wohnungstür. Bereits während des Eintretens verursache ich vermutlich, bepackt mit diversen Tüten, mehr Chaos, als diese Wohnung jemals gesehen hat. Kichernd knipse ich ein Foto davon und frage mich, wie du wohl gucken würdest, wenn du mich jetzt sehen könntest. Und ob du wirklich glaubst, ich würde Ruhe in deiner Wohnung suchen. Während du auf Arbeit fleißig bist, habe ich stattdessen die Pflanzenläden deiner Stadt abgeklappert. Es ist kaum zu glauben, aber es war gar nicht so leicht, ein kleines Weihnachtsbäumchen zu finden. Offenbar steht man in deiner Stadt auf kunstschneebedeckte Zypressen. Die mag ich nicht. Also: Zypressen sind schon ganz hübsch, aber der Kunstschnee ist eben unecht und fürchterlich kitschig. Nach mehreren Versuchen habe ich in der hintersten Ecke d

Vom Maisfeld



Ich musste heute daran denken, wie gern ich Maisfelder mag. Wie schön ich es früher fand, mich in ihnen zu verstecken. Manchmal habe ich das getan, wenn ich einfach nur meine Ruhe haben wollte. Dann schnappte ich mir ein Buch, machte mein Handy aus und lief einfach so weit wie möglich in das Feld hinein.
Dort setzte ich mich dann, las etwas oder hörte einfach nur dem Rauschen des Windes im Mais zu, das ein bisschen wie Meeresrauschen klingt. Als ich größer wurde, versteckte ich dort den Alkohol, den ich noch nicht trinken durfte. Zumindest bis zu dem Tag, an dem ich nur noch die Scherben der Flaschen fand, weil man das Feld gemäht hatte. Und wieder einige Jahre später – das Maisfeld hatte für mich immer noch nichts an Reiz eingebüßt – tobte ich dort mit einem Mann durch, ein Spiel, irgendwo anzusiedeln zwischen Fangen und Verstecken. Es gibt nur eines, was schöner ist, als die Ruhe dort allein zu genießen: Ganz außer Atem und zerzaust, in einem Maisfeld Küsse auszutauschen.
Wenn ich mal groß bin, kaufe ich mir ein Feld.


(Ein Konservenpost. Ich bitte um Nachsicht.
Mir fehlen gerade ein wenig die Worte.)

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