Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom Berlin City Girl

Ich habe heute Morgen gelernt, dass ich den verqueren Morgen auch in andersherum schaffe - nämlich nicht, wie hier beschrieben, in "alles geht schief", sondern durchaus auch mal in der "Besser geht es nicht!"-Variante.

Es ist 7:30 Uhr, als ich mit meinem Firmenwagen ("Rasowski") an einer Ampel in der Innenstadt stehe. Wie fast jeden Morgen wecke ich mich laut mit Musik. Aus den Boxen dröhnt Culcha Candelas "Berlin City Girl". Das passt zu mir, denn ich bin eine waschechte Berliner Göre. Und in manchen Momenten, wenn ich Berlin vermisse, höre ich dieses Lied auf voller Lautstärke. Wie fast immer hüpfe ich auch heute wie ein Flummi hinter dem Lenkrad herum und tanze, so gut es mir im Sitzen eben möglich ist.
In meinem Augenwinkel leuchtet plötzlich etwas Oranges auf. Als ich aus dem Fenster blicke, sehe ich etwa drei Meter von mir entfernt einen Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe stehen. Von Kopf bis Fuß in orange gekleidet. Er wendet mir den Rücken zu. Aber dann fängt er langsam an, im Takt meiner Musik, den Kopf zu bewegen. Immer stärker. Ich muss grinsen, bin aber nicht auf das gefasst, was im nächsten Moment passiert: Blitzschnell beginnt er plötzlich damit, rückwärts den absolut perfekten Moonwalk hinzulegen. Kurz vor meinem Auto dreht er sich zu mir um, lüpft seine orange Schiebermütze und verbeugt sich grinsend vor mir. Ich strahle über das ganze Gesicht und kann nicht aufhören zu lachen. Er lacht zurück. In diesem Moment schaltet die Ampel auf grün. Noch immer strahlend blinzle ich ihm zu, winke und gebe schließlich Gas. 
Nur wenige hundert Meter weiter muss ich an der nächsten Ampel stoppen. Noch immer lächelnd bin ich schon wieder lauthals am Singen, als plötzlich jemand an mein Autofenster klopft. Ich zucke zusammen und erschrecke mich fast zu Tode. Mit einem Handgriff drehe ich die Musik runter und öffne das Fenster. Mit großen Augen starre ich den Mann - mittleres Alter, dunkelblonde Haare, grüne Augen - an, der sich zu mir runterbeugt. Er registriert offenbar meinen fassungslosen Gesichtsausdruck, lacht los und hebt entschuldigend die Hände. "Ich wollte sie nicht erschrecken...", sagt er freundlich. "Ich wollte ihnen nur einen schönen Tag wünschen." Er deutet auf das Auto hinter sich. "Ich fahre hinter ihnen. Um ehrlich zu sein, war ich neugierig, wie die Person aussieht, die so wild in dem Auto vor mir tanzt."
Ich laufe vor Verlegenheit rot an, lache aber.
"Ich wünsche ihnen auch einen tollen Tag!", rufe ich fröhlich.
Er lächelt mich an.
Aber weil auch diese Ampel nun auf grün schaltet, müssen wir unser Gespräch unterbrechen. Er beeilt sich, wieder zu seinem Auto zu kommen, löst aber dennoch ein Hupkonzert hinter sich aus. In der Rush Hour sind nun einmal alle in Eile. 20 Kilometer fahren wir in etwa zusammen. Als ich abbiege, setze ich den Warnblinker und er blendet auf. Ich winke ein letztes Mal. Schmunzelnd.
So darf ab jetzt jeder Morgen starten.



Kommentare

  1. Diese Erzählung versüßt mir den Morgen! Danke

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Sehr gerne! Schön, dass ich diese Geschichte teilen konnte. Mir hat sie auch sehr den Morgen versüßt.

      Löschen

Kommentar veröffentlichen

Willkommen im Zauberreich. Da dieser Blog ziemlich viel persönlichen Krimskrams enthält, lassen Sie uns einander doch duzen:

Schreib mir gerne einen Kommentar, bringe mich zum nachdenken, schmunzeln oder lachen. Aber bitte vergiss nicht, dass dieser Blog ein Spiegel meines Innen- und Gedankenleben ist. Ich würde mich demnach freuen, wenn du deine Worte sorgfältig wählst und behutsam mit den Dingen umgehst, die ich hier niederschreibe. Außerdem möchte ich dich darum bitten, mir deinen Namen oder wenigstens ein Kürzel unter dem Kommentar zu hinterlassen, damit ich weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dankeschön!

Bitte beachte zudem, dass die von dir eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie z. B. deine IP-Adresse) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Infos dazu findest du in meiner Datenschutzerklärung (https://zauberreich.blogspot.de/p/datenschutz.html) und in der Datenschutzerklärung von Google.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Vom Kaffee und vom Leben

Vom Unglücklichsein

Vom Schmerzgedächtnis