Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von der Verführung 1/3


"Es ist keine Kunst, ein Mädchen zu verführen,
aber ein Glück, eines zu finden,
das es wert ist, verführt zu werden."

(Søren Kierkegaard)

Unwillkürlich muss ich Asa denken. "Sag mal, kann es sein, dass sie dich anbaggert...?", hatte er mich vor kurzem gefragt. "Hast du mitgehört, als ich die Sprachnachricht abgehört habe?", frage ich lachend. "Ein bisschen vielleicht.", antwortet er lächelnd, "Aber an deiner Bluetooth-Box vorbeizuhören ist jetzt auch nicht so einfach." "Schon gut.", winke ich und blinzle ihm zu, "Aber ich glaube nicht, dass sie mich anbaggert. Wir sind immer so romantisch miteinander!" Asas Gesichtsausdruck ist einfach köstlich. Und ich kichere schon wieder in mich hinein, während ich an dieses Gespräch zurückdenke.

Als wir zu ihr nach Hause kommen, verschwindet sie im Schlafzimmer. "Ich ziehe mir nur kurz etwas Gemütlicheres an!", ruft sie, "Fühl dich einfach wie Zuhause."
"Mache ich!", antworte ich und lasse mich auf ihrem gigantischen Sofa nieder. Dabei überschlage ich die Beine und glätte mit den Händen den Rock, den ich trage. Um nicht zu viel Haut zu zeigen. Dass ich mir darüber allerdings keine Gedanken machen muss, wird mir klar, als sie ins Zimmer kommt. Sie hat sich der ordentlichen Kleidung entledigt und trägt lediglich ein graues Spaghetti-T-Shirt sowie eine schwarze Hotpants. Sie sieht phantastisch aus. "So ist es besser...", sagt sie, setzt sich seufzend neben mich auf das Sofa und zieht die Beine in den Schneidersitz, bevor sie sich entspannt nach hinten, gegen die Sofalehne, fallen lässt. Und dann erzählt sie mir von all den Dingen, die sich ereignet haben, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. 
Aber es fällt mir schwer, mich auf ihre Worte zu konzentrieren. Es ist das erste Mal, dass ich sie so spärlich bekleidet sehe und ihr Körper lenkt mich ab. Das dunkle Haar fällt ihr in dichten Strähnen auf die Schultern, die viel zu blauen Augen leuchten beim Reden und ich sehe zwar, dass sich ihre vollen Lippen beim Formen der Worte bewegen, aber den Inhalt ihrer Worte erfasse ich nicht. Stattdessen streift mein Blick über die Konturen ihres Körpers. Die Schultern, die durchtrainierten Oberarme, die straffen Brüste, die sich unter ihrem Shirt abzeichnen. Die Brustwarzen drücken sich deutlich durch den dünnen Stoff. Am meisten aber fasziniert mich die Hotpants, die sich so eng an ihren Körper schmiegt, dass ich die Wölbung ihres Venushügels erkennen kann. Vermutlich sollte ich mich für meine Gedanken schämen, aber ich möchte so gerne mit den Fingerspitzen sanft über diese Erhebung streicheln. Mit den Fingern hinabfahren, bis ich ihre weichen Schamlippen unter dem Stoff spüren kann.

"Hast du nicht auch mal erzählt, dass du damit schon Erfahrungen gemacht hast?", fragt sie. Und reißt mich damit ziemlich abrupt aus meinen Gedanken. Sie sieht mich so intensiv an, dass ich das Gefühl habe, dass sie meine Blicke bemerkt hat. Und, ehrlich, ich habe keine Ahnung, worüber wir gerade reden. Dafür weiß ich ganz genau, dass mein Gesicht dabei ist, sich leicht rosa einzufärben. Ich bin nicht gut darin, mich, meine Gefühle oder meine Gedanken zu verstecken. Oh. Mein. Gott.

"Erfahrungen? Was meinst du?", frage ich und lasse mir meine Haare ins Gesicht fallen, um ihrem Blick auszuweichen.
"Du hast doch mal erzählt, dass du so ein Date hattest, bei dem dir der Typ gesagt hat, dass er auf Fesselspielchen steht? Oder warst du das nicht?"
"Oh!", ich muss grinsen, "Doch, ja. Das war ich. Ich weiß, was du meinst. Das ist schon ein paar Jahre her und gehörte zu einer Reihe von wirklich denkwürdigen Dates. "
"Erzählst du mir darüber?", fragt sie. Dabei guckt sie ein wenig schüchtern. Und mir ist vollkommen bewusst, dass das ein absolut schlechter Zeitpunkt ist, um sich mit ihr über BDSM zu unterhalten. Es ist unanständig wie wenig Kleidung sie trägt. Und sie steht nicht auf Frauen.
Natürlich.", höre ich mich trotzdem antworten, "Was willst du denn genau wissen?"
"Egal", sagt sie, "Fang einfach damit an, wie du ihn kennengelernt hast."

"Das Kennenlernen war ziemlich unspektakulär.", erwidere ich, "Wir haben in einer Kneipe die Nacht zum Tag gemacht und ich war Dauergast am Kickertisch und habe die Männer unter den Tisch gespielt. Das lief von Bier zu Bier besser. Damals war ich noch richtig gut im Kickern. Er war einer der Typen, gegen die ich gespielt habe. Als wir fertig waren, hat er mir irgendeinen Nonsens erzählt. Und weil ich ein wenig angetüdelt war, habe ich ihm vorsichtig mitgeteilt, dass ich Smalltalk langweilig finde. Darauf ist er dann eingestiegen, hat sich meine Telefonnummer geben lassen und mich direkt am nächsten Tag angerufen, um sich mit mir zu verabreden."
An der Stelle muss ich lachen. Ich erinnere mich daran, dass ich Angst hatte, mich mit ihm zu treffen. Auch Frauen schaffen es manchmal im Dunkeln der Kneipenbeleuchtung sich die Männer schön zu trinken. Aber er sah auch bei Tageslicht gut aus. Ungefähr 1.90 m groß, kräftige Schultern, braunes Haar, die dunkelsten Augen, die ich bis dato jemals gesehen hatte.
"Er war einige Jahre älter als ich. Ich habe mich geschmeichelt gefühlt, weil er sich mit mir verabreden wollte. Erst später habe ich begriffen, dass es eigentlich meine Schüchternheit, um nicht zu sagen: Unschuld, war, die ihn reizte. Wir trafen uns ein paar Tage nach dem Kennenlernen. Um möglichen Verlegenheiten aus dem Weg zu gehen, wollte ich ihn ins Kino schleifen. Aber er wehrte sich. Sagte, er wolle mich lieber kennenlernen, als irgendeinen langweiligen Film zu sehen. Also kauften wir uns im Supermarkt etwas zu trinken, um miteinander anzustoßen, und liefen zum Fluss. Dort suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen und erzählten uns unsere Lebensgeschichten. Also... hauptsächlich erzählte er. Über mehrere Stunden hinweg. Bis der Morgen graute."
"Wann hat er dir denn von seiner sexuellen Vorliebe erzählt?", fragt sie neugierig, "Direkt beim ersten Date?" 
Sie löst sich aus dem Schneidersitzt und streckt sich lang auf dem Sofa aus. Dann greift sie nach einem Kissen neben sich, schiebt es sich unter den Kopf und sieht mich an. Ich tue es ihr gleich. In einer fließenden Bewegung lege ich mich neben sie und schiebe meine Hände unter meinen Kopf. Dabei spüre ich, wie sich mein Rock ein Stück hochschiebt. Aber es ist irgendwie egal. Ich genieße die Intimität zwischen uns. Und ich habe das Gefühl, dass es ihr ganz ähnlich geht. Einander gegenüberliegend, schauen wir uns an.
"Ja.", beantworte ich ihre Frage, "Er hat es mir direkt bei der ersten Verabredung gesagt. Und ich fand das irgendwie gut, weil es ehrlich war. So wusste ich, worauf ich mich eingelassen hätte... Außerdem fand ich es charmant, wie er es mir gesagt hat: Er hat meine Hand genommen, sie gestreichelt und unsere Hände irgendwann so gedreht, dass seine Hand oben lag und ich den Ring sehen konnte, den er trug. Kennst du die "Geschichte der O" von Pauline Réage?", frage ich.
Sie schüttelt den Kopf.
"Okay. Dann mache ich mal die kurze Version: Er hat einen dicken, silbernen Ring an der linken Hand getragen, an dem ein weiterer, schmaler silberner Ring befestigt war, und mich gefragt, ob ich weiß, wofür dieser Ring steht."
"Wusstest du es?", fragt sie.
Dieses Mal bin ich es, die den Kopf schüttelt.
"Nein.", sage ich, "Ich war damals noch ein ziemlich unbeschriebenes Blatt. Aber ich habe natürlich gefragt. Und dann hat er mir erzählt, dass er dominant ist und in welcher Szene er sich bewegt."

Sie räkelt sich leicht, hebt den Oberkörper an und stützt den Kopf auf ihrer Hand ab, bevor sie mich ansieht. Ich spüre, wie sich unsere Oberschenkel auf dem Sofa berühren. Es ist das erste Mal, dass ich mich frage, ob das hier wirklich nur rein freundschaftlich ist. Wie um zu prüfen, ob dem so ist, hebe ich mein Knie leicht an. Kaum merklich - zumindest hoffe ich das - drücke ich es ein wenig gegen ihre Beine. Und wirklich: Zu meiner eigenen Überraschung hebt sie ihr obenliegendes Bein ein wenig an, so dass ich meinen Oberschenkel zwischen ihre Beine schieben kann. Ganz sanft bin ich dabei. Denn ich habe keine Ahnung, ob es richtig ist, was ich hier tue. Vermutlich wird sie mich jeden Moment zurückweisen. Doch vorerst bleibt der erwartete Korb aus. Stattdessen greift sie nach einer meiner Hände, die ich unter meinen Kopf gebettet habe. Streicht kaum merklich mit den Fingerspitzen darüber. Und ich bin ganz sicher, dass mir mein Herz gleich aus dem Brustkorb springt.

Kommentare

  1. Jetzt spüre ich mal am eigenen Leib, wie es ist, wenn man als Leser in einem Cliffhanger steckt...^^ sehr, sehr gut erzählt - ich brenne auf den nächsten Teil!

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    1. Fies, so ein Cliffhanger, oder? :-)

      Sofern ich mich dazu motivieren kann, den nächsten Teil nochmal Korrektur zu lesen, gibt es ihn heute Abend oder morgen früh. Mal schauen.
      Wobei, warte: Morgen früh gibt es ihn.
      Extra für dich.

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