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Es werden Posts vom August, 2013 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Von meinem Monster

„Natürlich war ich zurückgezuckt, als er mich berührte. Mit ihm zusammen zu sein hieß, ihm wehzutun - unvermeidlich. Und das war das Gefühl, das ich hatte, als er die Hand nach mir ausstreckte: das Gefühl, dass ich ihm etwas zuleide tat, denn genau so war es.“ (John Green: Das Schicksal ist ein mieser Verräter) Der Zaubermann hat vor kurzem ein wenig von seinem Monster geschrieben und mich damit nicht nur ziemlich berührt, sondern auch sehr nachdenklich gemacht. Er hat mich an mein eigenes Monster erinnert. Wobei ich es nie als Monster begriffen habe. Als „schwarzes Loch“ habe ich es lange bezeichnet. „Das schwarze Loch in meinem Leben“ – etwas Unantastbares, über das ich weitestgehend schreiben, aber nicht sprechen kann, das ich hüte, wie ein Geheimnis und welches ich an den meisten Tagen aus meinem Leben ausklammere. Aber die Bezeichnung „Monster“ trifft es gut. Mein Monster ist viele, viele Jahre alt und vermutlich gibt es nichts Vergleichbares, das ich erlebt habe, wa

Von einem Brief an einen Fremden

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„Weil Menschen eben keine Zahlen sind. Sie sind eher wie Buchstaben. Und diese Buchstaben wollen sich zu Geschichten verbinden. Und Dad hat gesagt, Geschichten muss man mitteilen.“ (Extrem laut & unglaublich nah) Lieber H., ob du wohl auch ab und an darüber staunst, wie seltsam das Leben ist? Was für unglaubwürdige, fast absurde Geschichten es manchmal schreibt? Denn das tut es doch, nicht wahr? Hast du dich mal gefragt, warum es Hüpfburgen-Feste gibt? Warum sich im Dezember Frauen in knappen Kostümen auf den Weihnachtsmärkten die Beine in den Bauch stehen und frieren, während sie versuchen, Zuckerwatte zu verkaufen? Stellst du dir auch manchmal vor, dass wir Menschen wie Ameisen sind? Wunderst dich darüber, dass wir uns an manchen Tagen so groß fühlen, während wir an anderen Tagen auf die Größe eines Stecknadelkopfes schrumpfen? Spielst du ein Instrument, H.? Trägst du gleichfarbige Socken? Ich frage mich, wo du geboren wurdest? Vergisst du manchmal nach rec

Von Gummibärchen und Lieblingsgeld

Ein etwa sechsjähriges Kind, das vor mir in der Warteschlange zur Kasse steht, zählt sein Kleingeld. "1 Euro und 79 Cent habe ich!", erzählt das kleine Mädchen stolz seiner Mutter und öffnet die Hand, um ihr das Geld zu zeigen, "Damit will ich meine Gummibärchen heute selbst bezahlen! Ich bin ja schon groß!". Die Mutter nickt zustimmend. Einige Minuten später scannt die Kassiererin die Gummibärchen. Sie sagt: "Das macht bitte 87 Cent.". Das kleine Mädchen schüttet alles Geld, das sie noch immer in der Hand hält, neben die Kasse, lächelt die Kassiererin aufmunternd an und erweist ihr eine große Ehre - sie deutet auf den Haufen Kleingeld, der nun vor ihr liegt, und sagt großzügig: "Sie können sich gerne aussuchen, welche Centstücken sie wollen! Manche sind schon nicht mehr so schön, aber das hier glänzt noch! Wollen sie das haben?".  Wenn es in diesem Moment, in genau diesem Supermarkt, einen einzigen Menschen gibt, der nicht lächeln muss, dan

Von einem besonderen Mann

„Wir gehen alle von Zeit zu Zeit verloren, manchmal, weil wir es selbst wollen, manchmal, ohne daß wir die Kontrolle darüber haben. Wenn wir dann gelernt haben, was unsere Seelen lernen mussten, zeigt sich der Weg ganz von allein. Manchmal sehen wir den Weg, und wir gehen zu weit oder nicht weit genug, aus Angst, Wut oder Trauer. Manchmal wollen wir verschwinden und umherirren, manchmal nicht. Manchmal finden wir den Weg ganz allein. Aber was auch geschieht, wir werden immer gefunden.“ (Cecelia Ahern – Vermiss mein nicht) Obwohl ich mich in einer Menschentraube über die Straße, in Richtung des Bahnhofs, bewege, fällt mir der Mann, der in der Eingangshalle, in der Nähe des Obst- und Gemüsestands, steht, sofort auf. Seltsam verloren steht er da, wirkt desorientiert und fast verzweifelt. Obwohl er nicht wirklich schlank ist, wirkt er unnatürlich klein, beinahe in sich zusammengefallen. Der Mund in seinem rundlichen Gesicht ist zu einem schmalen Strich zusammengekniffen, al

Vom Widerstand gegen die political correctness

Kind 1: „Wir gehen auf eine Integrationsschule.“ Muschelmädchen: „Das ist ja spannend. Was integriert ihr denn? Behinderte?“ Kind 2: „Ja. Aber wir dürfen nicht ´Behinderte´ sagen.“ Muschelmädchen : „Öhm… okay? Warum nicht?“ Kind 2: „Weil das nicht politisch korrekt ist. Wir sollen ´Behinderte´ als ´Menschen mit körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigung´ bezeichnen.“ Muschelmädchen : „…“ Kind 1: „Die Bezeichnung ´behindert´ ist diskriminierend.“ Muschelmädchen : „Warum ist das diskriminierend? Ist die Bezeichnung ´Mensch mit körperlicher und/oder geistiger Beeinträchtigung´ nicht diskriminierend? Müssen wir jetzt auch noch darauf hinweisen, dass behinderte Menschen auch Menschen sind?“ Mutter: „Muschelmädchen, bring den Kindern keinen Mist bei!“ Muschelmädchen (motzend): "Was denn...? Ich wollt ja nur mal fragen..." Da habe ich wohl wieder etwas gelernt. Ach ja: Ein Herz für Political Correctness. Ich habe es nicht. Ich bin herzlos. In